– Teil 1 –
Samstag 24.09.2005
SCP – HSV Amas – kurz gejubelt und ab zum Bahnhof. Den nächsten Zug gen Bremen geentert und mit 20 Minuten Verspätung angekommen.
Dort dann auf den Bremer Groundmutanten und seine Mutantin getroffen und in das mit Fressalien bis unters Dach beladene Mobil gekrochen. Irgendwie passten meine Klamotten dann noch zwischen Toastbrot, Frikadellen, Torte und 10 Liter ominöser Getränkekanister. Letztere sahen nicht nur farblich grauenvoll aus sondern entwickelten auch noch einen recht eigenartigen Geruch im Auto.
Sonntag 25.09.2005
Durch die Nacht ging es dann quer durch die Republik nach Österreich um die Tschechischen Landstraßen zu meiden. Meiner einer zog es mal wieder vor auf der Rückbank zu runzen und so bekam ich den 1. Grenzübertritt dieser Tour gar nicht mit. 100 Kilometer vor Budapest ging es dann noch eben schnell auf eine Raststätte um noch 2-3 Stunden zu nicken. Leider hatten wir unsere Rechnung ohne einen der fleißigen örtlichen Dienstleister gemacht. Mit Putztuch, Schrubber und Wassereimer begann der freundliche Herr unsere Scheiben einzuseifen. Und da er Geld dafür haben wollte nicht nur einmal – weil wer schläft merkt ja nicht wie der Wagen gewaschen wird. Im Dämmerschlaf bekam ich so mit wie er geschlagene 6 (!!) mal am putzen war. Und als immer noch keiner reagierte wurde fleißig am Wagen rumgewippt indem er sich beim putzen mit dem ganzen Körper auf die Motorhaube warf. Da war dann Schluss mit lustig und die unerbetene Arbeit wurde durch unsere Abfahrt beendet. Zuerst war überlegt worden an dieser Stelle bis Skopje durchzuballern und da ein Spiel zu gucken. Dies wurde dann aber aufgrund der doch recht extremen Entfernung von über 23 Stunden Fahrt fallen gelassen.
Recht früh kamen wir also in Budapest an. Eine recht schöne Stadt, vor allem an der Donau schöne Ecken und viele alte Bauten. Auf direktem Weg zum MTK-Ground und Tickets geholt. Leider hatten wir nen paar Cent zu wenig getauscht und so blieb mir nix anderes übrig als den anderen beiden den Vortritt zu lassen und selbst auf anderem Wege rein zu kommen. Die deutsche Presse war auch sogleich sehr willkommen und ich konnte rumturnen wo ich wollte. Merci. Bereits 2 Stunden vor Kickoff waren recht viele Cops im Stadion und darüber. Permanent kreiste nen Hubschrauber mit überdimensionaler Rundumkamera über’m Stadion. Peepshow oder Fußball? Was von MTK zu erwarten war – nämlich so in etwa garnix – wurde deutlich nachdem man deren „Ultras“ gesichtet hatte. Etwa 4 oder 5 Kinder um die 15 mit Rastas und selbstgemalten Doppelhaltern der Kategorie oberpeinlich. Die Gegenseite die der Gast komplett für sich bekam füllte sich jedoch recht gut, so dass wohl mehr als die Hälfte der nur 2 Querstraßen weiter beheimateten Fradi die Daumen drückten. Teilweise ziemlich üble Kaliber versammelten sich hinter der bekannten „Stormy“ Fahne und einigen anderen während auf Heimseite lediglich ein Fetzen hing, dessen Aufschrift ich jedoch nicht lesen konnte. Zum Intro gab es eine Größere Menge Fahnen und Doppelhalter auf der Gegengerade, war schön anzusehen. Auf der Haupttribüne, die die MTK Fans beheimatet 5 oder 6 Fähnchen und die besagten Doppelhalter.
Stimmungsmäßig Die Fradi zwischen gut und sehr gut. Viele italienische Melodien, dann aber eher in normalen Laustärken – bei Schlachrufen jedoch übelst laut und der komplette Haufen zog mit. Nach den 2 Toren sehr geiler Torpogo, auch in „Normaloblöcken“ am Rand. Insgesamt weiß ich jetzt aber wieso für Ferencvaros nur das Spiel gegen Ujpest als Derby zählt, auch bei der geografischen Nähe zu MTK: Das sind einfach 2 verschiedene Welten und die blau-weissen können den grün-weissen in keiner Weise das Wasser reichen. Spielerisch jedoch schon: 2:2 ging das Spiel nach 2:0 Führung aus.
Wir ruck-zuck ins Auto und weiter nach Serbien. FK Vojvodina Novi Sad gegen Sartid Smederevo galt es hier zu bestaunen. Recht zügig wurde die Grenze passiert (bzw. der wie ein ziemlich kranker Go-Car Parcours anmutende Anfahrtsweg) und Geld getauscht. Einige Tausend Dinar reicher ging es durch ziemlich karges Land über Autobahnen ohne Mittelplanke, Fahrbahnmarkierungen und ähnlichen überflüssigen Schnickschnack. Solche Sicherheitsmaßnahmen werden hierzulande eh total überbewertet. In Serbien scheint das lustige-Tiere-Totfahren der Nationalsport Numero Uno zu sein und so konnte man alle paar Meter Überreste von Karnickeln und ähnlichem Gekreuchs am Straßenrand erspähen. Es könnte sich jedoch auch um ehemalige Tierherden der Einheimischen handeln. Diese sind im Schnitt ein bisschen kleiner als man es aus Deutschland gewohnt ist. Meist sitzt ein Bauer zusammen mit 2 Kühen oder 3 Schafen auf seiner Wiese und achtet drauf, dass diese auch noch die letzten drölf Grashalme wegfressen die noch zu finden sind. Ansonsten erstmal weit und breit garnix. Keine Häuser, keine Städte – nur Berge, ein paar Bäume und das war’s. Und schnell an dem ganzen Mist vorbeirasen geht auch nicht, weil alle 50 Meter nen Bulle mit Laserpistole hockt und jagt auf rasende Ausländer macht. Als dann die ersten Häuser auftauchten wirkten diese doch ein klein wenig seltsam. Dürfte dran gelegen haben, dass Serbische Architekten scheinbar Fenster und Türen noch nicht entdeckt haben. Oder es gibt üble Lieferengpässe, wer weiß. Zumindest dürfte es in 99% aller gesehenen Häuser verdammt zugig sein. Bewohnt waren sie dennoch.
In Novi Sad angekommen sahen wir unsere Hoffnungen schon schwinden das spärlich (sprich ca alle 10 km) ausgeschilderte Stadion jemals zu finden. Unterwegs gab es unter anderem so tolle Sehenswürdigkeiten wie kilometerlange Plattenbautenghettos und 12 Jährige, die sich an Motorräder Pferdekarren bauen und damit die ganze Familie spazieren fahren auch wenn sie mit den Füssen nichtmal auf den Boden kommen beim aufsitzen.
Nach mehrfachem Nachfragen kamen wir dann aber noch noch recht pünktlich an. 2 Minuten waren gespielt als wir durch den Eingang schneiten. Als wir den Eintritt bezahlten merkten wir jedoch, dass wir uns ein klitzeklein bisschen verkalkuliert hatten mit dem was wir getauscht hatten. War man von 4-5 Euro ausgegangen, waren umgerechnet zirka 35 Cent zu entrichten. Für ein Erstligaspiel. Das veranlasste so manchen dazu doch erstmal 3 oder 4 Tickets für die Sammlung zusätzlich zu kaufen. Eines könnte ja unter Umständen beschädigt werden *g*
Im Stadion dann noch etwa 1000 weitere, die die immensen Kosten nicht gescheut hatten. Der Gästemob in blau-weiss stand am anderen Ende des Ground eng zusammen und supportete auch munter und vor allem laut vor sich hin. Die knapp 90 oder 100 Angereisten wussten sehr gut zu gefallen – bis zur Schalparade bei der von Schalke bis Lazio und Juventus alles gesichtet wurde. Pfui und nen ganz klares Daumen runter von mir dafür! Auch der Name der scheinbar führenden Gruppe namens „Alco Boys“ brachte weitere Abstriche ein.
Die Stimmung auf Heimseite ist recht schwer zu beschreiben. Was bei uns zu schnell gesungen wird, wurde dort zu langsam gesungen. Teilweise klang es, als ob Schlaftabletten Pflichtkonsum wären. Versammelt wurde sich hinter der großen „Red Firm“ Fahne und massig kyrillischen Zaunbeflaggungsutensilien. In Sachen Geschlossenheit konnte sich die Red Firm (die übrigens 2 sehr feine Graffities „Join the Firm“ im Blockaufgang hat) bei den Gästen so einiges abgucken. Nichts desto trotz wurde es manchmal verdammt laut und die Gegengerade stimmte auch mit ein. Besonders die Wechselgesänge wussten zu gefallen. Vor den Plattenbauten ringsum und den uralten Rängen konnte auch so richtig schön Ostblockfeeling aufkommen. Die komplett in schwarz gekleidete Policja vorm Block tat ihr übriges genauso wie die vielen teils doch sehr grob aussehenden Jogginghosenträger. Wie hier jedoch im Gästeblock Gegner wie Partizan oder Roter Stern untergebracht werden soll issn Rätsel. Genauso wie das Ritual nach dem Spiel. Novi Sad gewinnt 1:0, die Spieler kommen zum Block und anstatt sie zu feiern dreht sich der komplette Block um, applaudiert mit’m Rücken zu den Spielern stehend und singt. Auf der Gegengeraden das selbe Schauspiel. Scheinbar aber jedoch keine Art von Protest, denn die Spieler schienen das vollkommen normal zu finden.
Auch nicht so ganz normal die Polizeitaktik. Die Heimfans werden im Stadion festgehalten während die Gäste zu ihren Bussen gebracht werden. Von dort kamen dann auch ein paar einheimische Späher zurück, doch mangels Nachschub aus den eigenen Reihen sichtbar unmotiviert.
Ach und wo wir gerade bei Seltsamkeiten sind: Auf der von Hand betriebenen Anzeigentafel wird auch zuerst der Gast und dann die Heimmannschaft genannt.
10 Minuten später durften wir dann auch endlich. Von draußen noch schnell ein paar Pix vom „Stadion“ gemacht und ein paar Happen gegessen. Das Stadion selbst sieht von draußen eher aus die ein Einkaufzentrum. Keine Flutlichter, nur einige Bars und Geschäfte sind zu erkennen. Wenn von drinnen keine Gesänge gekommen wären – wir wären wohl ewig drum herum gefahren und hätten es nicht gemerkt.
So aber ging es dann mit dem 2. neuen Länderpunkt im Gepäck für heute weiter gen Griechenland.
Aus Novi Sad raus und an Bretterbudenghettos vorbei, Zigeunerlager umkurvend genauso wie die riesigen Schlaglöcher ging es auf die Autobahn Richtung Belgrad. Die Hauptstadt wurde dann im Dunkeln durchfahren und einige Kilometer weiter wurde Nachtlager bezogen. Während ich im Auto schlief verzog sich der Rest der Combo ins mitgebrachte Zelt. Als Schlafplatz wurde der kostenneutrale Zeltplatz Raststätte Autobahn gewählt. Mit wunderbarem Blick auf das knapp 2 km entfernte Zigeunerlager. Kaum waren die Augen zugefallen brach dort die Hölle los. Punkt 12 Uhr hauten eben jene ein Feuerwerk vom Feinsten in den Nachthimmel. Sah ja toll aus – aber wenn man schlafen will … Danach wurde dann wohl die kleine Blaskapelle ausgepackt und mit Sack und Pack ums Haus gezogen. Davon hab ich aber zum Glück Schlafbedingt nichts mehr mitbekommen und hab es erst am nächsten Morgen erzählt bekommen.
Montag 26.09.2005
Als nächstes wurde Mazedonien passiert. Genauso gebirgig und leer wie Serbien, jedoch viel grüner und landschaftlich wirklich schön. Steile Gebirgswände, schöne Flüsse und große Wälder. Und Tunnel. Aber was für welche. Andererseits: Welcher Tunnel braucht schon ne Fahrbahntrennung? Oder Notausgänge? Licht? Hinweisschilder oder Nottelefone? Naja gut … ein wenig ungewohnt isses schon wenn man aus’m Sonnenschein kommt und dann im Stockdunklen steht aber andererseits wäre es ja auch ein wenig langweilig, wenn man die Schlaglöcher vorher alle kommen sehen würde oder?
Die Serpentinen konnten auch so einiges – vor allem wenn mal wieder jegliche Leitplanken fehlten. Dafür ist die Maut im Gegensatz zu Serbien sehr günstig. Wenn man nicht gerade mit Euro zahlen muss weil es noch keine Wechselstube gab und man direkt extrem mit 4 Euro über’n Tisch gezogen wird. Den Rest der Strecke sind nur Centbeträge zu latzen – für Italien oder gar Frankreichfahrer ein kleines Mautparadies. Unsere Entscheidung vom Vortag in Budapest zu bleiben und nicht zu versuchen nach Skopje zu kommen erwies sich hier als die richtige. Eine Baustelle unterwegs die doch gross genug war um unseren Zeitplan vorm Vortag komplett über den Haufen zu werfen. Pünktlich geschafft hätten wir es niemals. So hielt sich der Frust jedoch in Grenzen und man konnte die ersten jungen Menschen in Mazedonien begucken. Diese fuhrwerkten fleißig im angrenzenden Feld rum und rissen wie blöde große gelbe Blätter von undefinierbaren Pflanzen und sammelten diese. Auch ne feine Beschäftigung. Ansonsten konnte man schön sehen was man hier unter „arbeiten“ versteht. So gut wie garnix. Dafür ist es lustig zu sehen wie weit man in diesen Ländern mit deutsch kommt. „Do you speak english?“ „no!“ „deutsch?“ „ja aber natürlich …“ äh super also gut aufpassen was man so von sich gibt.
Gegen Mittag wurde dann die mazedonisch-griechische Grenze passiert. „Wohin geht es?“ „Athen“ „Sie machen Urlaub?“ „Nein zum Fußball gucken“ „ah ja … „ *Kopfschüttel* Waren wohl nur die ganzen Griechischen Basketballfans gewöhnt die den Tag vorher bei der WM, EM oder som Kappes in Belgrad gegen Deutschland gewonnen hatten und nun die komplette Autobahn von Serbien bis Griechenland bevölkerten.
– Ende Teil 1 –
– Teil 2 –
Welch eine Autobahn! Ob es an den desaströsen Zuständen vorher gelegen hat oder ob die Strecke bis Thessaloniki wirklich so schön ist – keine Ahnung. Nach 25 Kilometern das 1. Auto, statt Mittelplanken alle 50 Zentimeter ein Baum und Sträucher, keine Schlaglöcher – wunderbar! Dazu Sonnenschein und schon Vormittags richtig ordentliche Temperaturen. Also direkt mal die kurze Plinte ausgepackt und die Badehose schonmal drunter.
Nach knapp 45 Minuten Fahrt im Etappenziel für heute angekommen und als erstes das Stadion gesucht, in dem um 20 Uhr Ortszeit (19 Uhr MEZ) der 1.Liga Kick Apollon Kalamarias – Atromitos Halkidonas stattfinden sollte. Da es in Thessaloniki alleine 4 Erstligisten (A’Ethniki Katigoria genannt), unzählige Einbahnstraßen und Pättges gibt und das Ballungsgebiet knapp 1 Millionen Einwohner zählt (2. größte Stadt Griechenlands) kein leichtes Unterfangen. Beim Vorbeifahren noch eben die Stadien von Aris und PAOK begutachtet, einige unvorsichtige Fußgänger in Bedrängnis gebracht und vorm teils mörderisch anmutenden Fahrstil der Griechen in Sicherheit gerettet. Die Stadt, welche u.a. den Türkischen Staatsgründer Atatürk hervorgebracht hat ist ein heilloses Durcheinander von Häusern, Straßen und Geschäften – nicht schön aber dafür gross. Und am Meer gelegen. Daher machten wir uns nach kurzer Inspektion des Stadion Apollon auf zum Strand. Wenige Kilometer außerhalb wurden zunächst die Geldreserven mit Euronen vom Automaten aufgebessert, dann ging es in das angenehm warme Mittelmeer. Minuspunkt jedoch beim Schwimmfaktor das viel zu seichte Wasser. Man musste schon 100 Meter raus laufen um beim Kraulen nicht den Meeresboden umzupflügen. Dafür wurde man mit Glasklarem blau belohnt, das auch bei 2 Metern Tiefe vom Steg noch einen ungestörten Blick auf die am Grund liegenden Muscheln erlaubte.
Nach einer Runde plümsen und anschließender Süßwasserdusche um das ungewöhnlich salzige Meerwasser loszuwerden ging es dran die Promenade hoch und runter zu flanieren. So ganz Standard waren die Schuppen hier aber nicht. Super gelegen und teils die Tische aufm Strand … aber alles designtechnisch eher ganz obere Klasse. Ledersessel, Designermöbel etc im Loungestil wohin man schaute – dementsprechend auch die Preise außerhalb unserer kalkulierten Kostengrenze. Also wurde sich nach einem kleinen Besuch in Supermarkt und Internetcaffe wurde also eine kleine Gyrosschmiede attackiert und ein Gyrosteller mit Fritten und Tzaziki (mjammmm) wegachilt.
So gestärkt ging es dann zurück in das Getümmel und in Richtung Stadion. Dort angekommen wurden direkt 2 Bremer gesichtet, die von Athen mit Bus (6 Stunden Fahrt) bzw mit Zug (5 Stunden) angereist waren um sich das Gebolze hier zu gönnen. Am Eingang waren günstige 10 Euro zu entrichten (wobei der Unterschied zum Spiel bei Novi Sad doch schon recht gravierend war) aber für’n Sitzplatz beim 1. Ligaspiel immer noch akzeptabel. Eben noch ein T-Shirt der Ultras für 20 Euro erstanden (mit geklautem Totenkopflogo der BRN Milan) bzw einen Schal geschenkt bekommen und rein ins Getümmel.
Auf Heimseite war erschreckend wenig los. Naja das ist halt das Schicksal des 4. Vereins in der Stadt. Viele zur Unkenntlichkeit verschmorte und versenkte Sitzschalen lassen aber darauf schließen, dass in der Vergangenheit hier auch Pyrofans ausreichend auf ihre Kosten gekommen sein dürften.
Da das Stadion nur aus einer (großen, ca 8000 Leute fassenden) halbrunden Tribüne besteht waren die Gäste auf der selbigen untergebracht nur halt am andere Ende, getrennt durch mehrere recht hohe und stabile Zäune. Geschützt durch ein ziemlich hohes Polizeiaufgebot (2 verschiedene Einheiten, die eine in blau gekleidet, die andere Paramilitärisch anmutend in olivgrün) kamen die ca. 150 Gästefans etwa eine halbe Stunde vor Spielbeginn an. Und legten sogleich los wie die Feuerwehr. 90 + 30 Minuten Dauersupport in einer wahnsinns Intensität. So mancher Hochspringer dürfte neidisch geworden sein wenn er gesehen hätte wie da 90 Minuten gesprungen wurde. Aber nicht wie hier nur gewippt sondern wirklich 50, 60 Zentimeter über den Boden. Eigentlich hätten alle nach 5 Minuten mit Wadenkrämpfen in der Ecke liegen müssen. Statt dessen wurde gesungen und gesungen. Wobei schreien würde es eher treffen. Sehr geschlossen stand der Haufen zusammen und brüllte das bisschen was von Seiten der Apollonanhänger kam gnadenlos nieder. Schöne Schalparaden und Zaunbeflaggung inklusive. Auf unserer Seite gab es zum Intro eine kleine Schnippselaktion mit roten (Vereinsfarben rot-weiss) Schnippseln zu sehen, dazu eine Hannover 96 Fanshopfahne (???) und eine Flagge mit Keltenkreuz welche auf die politische Orientierung der Fanszene deuten ließe.
Spielerisch war das ganze auf erschreckend niedrigem Niveau anzusiedeln, aber irgendwie war’s doch recht unterhaltsam. Auch kann man sich durchaus dran gewöhnen um 21:00 noch mit kurzer Plinte und T-Shirt im Stadion zu sitzen. Etwas nerviger da schon das permanente Vogelfuttergefresse der Umsitzenden und damit verbunden der mit Schalen bedeckte Boden und das geknister beim drüberlaufen. Ansonsten scheinen die Griechen eine Komische Einstellung zu elektrischem Licht zu haben. Nahezu alle umliegenden Häuser (und das waren einige) waren stockfinster. Das gleiche galt für Straßenlaternen. Ob hier wohl zugunsten des Flutlichtes gespart werden musste?
In der Halbzeit dann grauenvolle Folkloremukke in unsäglicher Lautstärke, aber 15 Minuten gehen auch irgendwie vorbei. 45 eigentlich auch, weshalb es recht unverständlich ist wieso der Schiri hier fast 13 Minuten nachspielen lässt. Diese 13 Minuten brachten Apollon dann aber noch einen total sinnbefreiten 11-Meter und den damit verbundenen Anschlusstreffer zum 1:2 ein. Jubel ohne Grenzen beim Anhang, Abpfiff 2 Minuten später mit direktem Pfeifkonzert. Verdrehte Welt. Zu allem Überfluss wurde dann auch noch die Gästemannschaft mit Applaus verabschiedet – Bitterer geht’s wohl kaum.
Wir sahen nun zu, dass wir zu unserem Auto kamen. Meine beiden Mitstreiter hatten nun auch erkannt wie furchtbar die eingeführten Getränkekanister waren und so wurde sich schlussendlich von 5 Litern Kirschsaft getrennt. Dafür wurde dann der Busfahrende Bremer eingepackt. Frank, Gründungsmitglied der Eastside und Witzfigur vor dem Herrn. So langsam wundert mich bei dem Haufen garnix mehr, wenn da solche Vögel das Sagen haben. Als er aufgeklärt wurde, dass ich Münsteraner bin wanderte sein Arsch auch direkt nochmal 5 cm näher Richtung Fenster. Normal ist er für die Eastsidefahne verantwortlich – diesmal hatte er sie leider nicht dabei 😉
Die 600 Km nach Athen waren heute Nacht natürlich nimmer zu bewältigen, so ließ man sich irgendwo auf halber Strecke nieder und bezog Nachtlager, schon wieder einen Länderpunkt reicher.
– Ende Teil 2 –
– Teil 3 –
Dienstag 27,09.2005
Eine kurze Katzenwäsche und wieder in die Karre. Schließlich rief mit Athen eine recht interessante Stadt und wenn man schon mal da war wollte man auch ein bisschen was sehen. Dass man der Hauptstadt mit knapp 4 Millionen Einwohnern (incl Vororte) nahe war konnte man erkennen, da die Autobahn nun nicht mehr 1-2 Spurig war sondern 4 und teilweise 5 Autos nebeneinander Platz hatten. Der 1. Blick war einfach nur atemberaubend. Häuser … nur Häuser egal wohin man schaute. Kurz vor Athen an einer Autobahnraststätte waren sinnloserweise 12 Euro in einen Stadtplan investiert worden. Sag einem doch mal einer, dass da nur die Westlichen und Nördlichen Stadtteile drauf waren. Zu groß für einen Plan die Stadt …
Akropolis etc. waren natürlich weiter südlich und daher nicht verzeichnet. Wir steuerten daher erstmal das Olympiagelände an. Im Olympiastadion von Athen (Olympia 2004) sollte der Kick heute steigen, da im Apostolos Nikolaidis, dem eigentlichen Stadion von Panatinaikos nur 16.700 Zuschauer platz finden. In diesem Stadion waren verteilt auf 2 Ränge nun genügend Sitze für 74.400 vorhanden. Dafür gab’s eines nicht: Eine Anbindung an den ÖPNV. Zumindest laut unserer Karte nicht. Die nächste U-Bahnstation knappe 5 Km entfernt und die nächste Bushaltestelle wollte man garnicht erst messen soweit wars. Wir also erstmal durch den Presseeingang ins Stadion gefahren zwecks Visite und einiger Fotos. Wieso jedoch in den Katakomben eine Minieisenbahn mit 5 Wagons steht ist weiterhin ein Rätsel. Ausserdem schien die halbe Arena aus Vipräumen zu bestehen – einfach abartig schlecht.
Nun wollten wir uns mit dem Wagen aufmachen um jedenfalls etwas von der Stadt zu sehen. Doch nach 20 Minuten in dem total chaotischen Verkehr mit geisteskranken Autofahrern und Kamikatzemotorradfahrern gab unser Fahrer total entnervt auf und wollte – verständlicherweise – keinen Meter mehr fahren. Also zurück zum Parkplatz. Nur was sollte man hier 6 Stunden mit sich und der Welt anfangen? Taxi kam bei der Entfernung von mehr als 30 Km nicht in Frage und in unmittelbarer Nähe gab es absolut nix interessantes.
Also wurde beschlossen erstmal die Lebensmittelvorräte im Lidl aufzufrischen und einen leckren Gyrosteller zu verköstigen. Gesagt getan und dank langsam laufen, noch ein oder 2 Sachen anschauen etc war dann auch langsam Zeit zurück zum Ground zu kehren.
Wirklich interessant in was die Griechen den (Mini)-Parkplatz verwandelt haben. Gibt es hunderte Vipparkplätze, so wurde an den gemeinen Pöbel leider nur unzureichend gedacht und eine lächerlich kleine Fläche zum beparken freigegeben. Und eben hier heizten sich die örtlichen Pflegefälle wie die Bekloppten das Gummi von den Reifen. Quietschend und rutschend ging es zwischen Bussen und Autos durch. Selbstmordkommando alléz!
Nach einiger Zeit kamen dann die ersten Bremer. Es wurde nen bisschen gequatscht und ich versuchte meinte Karte zu verbimmeln, die ich in der Annahme das Spiel sei im Panathinakos-Stadion und es sei vor Ort schwer an Karten zu kommen für 30 Euronen gekauft hatte. Da meine Motivation dank einiger Drohungen von Bremer Seite bei mir gering war bei denen im Block zu stehen wollte ich also nun lieber auf die Haupttribüne (für die die Karten vor Ort übrigens 5 Euro billiger waren als die schimmeligen Gästeblockkarten in Bremen). Da niemand unversorgt angereist war packte ich das Teil also inne Patte für den Fall nicht anderweitig kostenneutral ins Stadion zu kommen.
Einen Kartenumtausch konnte die nette Dame am Ticketschalter leider nicht machen, also ging es auf gut-Glück mal so rein. Klappte auch alles wunderbar … schon interessant wie „ausgiebig“ die Kontrollen bei einem Championsleaguespiel so sein können. Mit ein bisschen hin und her kämpfte ich mich dann bis auf die Haupttribüne durch. Toll also 30 Euro umsonst verprasst aber dafür jedenfalls nen Billet für die Sammlung.
Im Gästeblock hatten sich knapp 100 Bremer breitgemacht. Da es vorher geheißen hatte in der Hansestadt seien 800 Karten abgesetzt worden schon eine herbe Enttäuschung. Aber gegen die knapp 40.000 Griechen hätte wohl auch das halbe Weserstadion keinen Stich gesehen. Was mit dem Einlaufen der Mannschaften (bzw nach Abklingen dieses unsäglichen UEFA-Gedudels aus den Lautsprechern) aufkam war einfach nur geil! Vor allem wenn das ganze Stadion mitzog war die Lautstärke ohrenbetäubend. Hüpfen, singen vom Feinsten. Und das ganze Stadion machte mit, nicht nur die beiden Fanblöcke in den Kurven rechts und links von mir.
Links hatte sich das Gate-13 unter einer 5 Meter hohen und sicherlich 35 Meter breiten „ATHENS FANS“ Fahne breit gemacht wohingegen in der gegenüberliegenden Kurve knapp 1000 Leute einen tollen 90 Minutensupport incl. Wechselgesänge hinlegten. Was besonders auffiel war der Einsatz der Arme bei vielen Liedern. Eine Art Wellenbewegung wie beim Start einer LaOla und ähnliche Sachen sahen wirklich toll aus – dazu sehr melodische und teils in Orkanlautstärke gesungene Lieder. Und dann fallen auch noch 2 Tore binnen 3 Minuten. Jetzt kannte hier keiner mehr ein Halten. Direkt vor mir sprangen 3 Presseleute auf ihre Tische und tanzen zwischen ihren Laptops auf und ab und mussten von Ordnern beruhigt werden, im Rund gingen Bengalen an und mein Nebenmann war nicht davon abzubringen mich in den Arm zu nehmen. Das Maskottchen (grottenhässlich übrigens) lag einem Polizisten im Arm und wenn man gedacht hatte es könnte nicht lauter werden, dann wurde man eines Besseren belehrt.
Die Bremer die man bisher nur sporadisch durch ein klein bisschen Klatschen gehört hatte gingen ab sofort natürlich total unter, so dass bis auf ein Grüppchen von vielleicht 20 Leuten Supportbemühungen eingestellt wurden. Alles andere wäre vermutlich auch total sinnlos gewesen – genauso gut hätten sie gegen eine Wand singen können.
Werder übernahm so langsam das Spielgeschehen doch bis auf eine Chance kam nicht viel zählbares dabei heraus und so ging es mit 2:0 in die Halbzeit.
In den 2. 45 Minuten setzte sich der griechische Reinhard M. neben mich. Mit Funkgerät bewaffnet gab er seinen Mannen von hier oben Anweisungen und wenn er seine Leute gerade mal nicht herumkommandierte bepöbelte er Schiedsrichter, Spieler oder Gästefans. Ein Fest zu sehen wie der gute Mann mitlitt und versuchte „sein“ Team nach vorne zu schreien. Genauso wie weiterhin 40.000 andere. Wobei die Kurve des Gate-13 auch kleine Verschnaufpausen hatte. Doch für die paar Gäste reichte auch die andere Kurve aus – bzw die Haupttribüne. Nach dem Anschlusstreffer zum 1:2 durfte man kurz „Hurra Hurra die Bremer die sind da!“ vernehmen … und das war’s dann mit der Herrlichkeit. Auf der Tribüne war ein Häufchen von ca. 50 Grün-Orangenen (*schüttel*) aufgesprungen und bekam nun den Hass (und das Bier) der Einheimischen zu spüren. Die Vögel die sehr nach Offiziellen aussahen (wieso rennt man sonst auch in diesen furchtbaren Trikots rum?) schienen danach soweit eingeschüchtert, dass sie sich hinter der nun bildenden Ordnerkette verschanzten und nix mehr zu hören war.
Als das Spiel aus war und die 3 Punkte in Griechenland blieben kannte der Jubel keine Grenzen mehr. Das ganze Stadion am beben vom Hüpfen und den „HELLAS – HELLAS!“ Rufen. Gänsehautfeeling pur. Sowas möchte der geneigte Unparteiische sehen.
Unparteiisch wollte ich jetzt aber auf dem dunklen Vorplatz nichtmehr aussehen. Also flugs einen Panatinaikosschal erstanden und umgehängt. Unter den Hansestädtern ging vorm Spiel das Gerücht um es sei angekündigt worden mit Bengalen im Falle einer Niederlage anzugreifen. Zuzutrauen wäre es den Leuten die hier rumliefen auch im Falle eines 10:0 Sieges gewesen. Ganz finstere Gestalten, welche am Parkplatz auch direkt mit 4 oder 5 Leuten um unser Auto rumstanden und es kritisch unter die Lupe nahmen. Mit Schal um und dem Hinweis „Panatinaikos Fans“ ließen sie sich aber zum Glück vertreiben. War es vor dem Spiel schon chaotisch aufm Parkplatz, so war hier jetzt die Hölle los. Die Wagen hatten mangels genügend Platz einfach geparkt wie sie gerade rein gefahren kamen. Kreuz, quer und dann nochmal dazwischen. Auf den Wegen genauso wie zwischen Büschen und Bäumen. Und dennoch ging alles irgendwie recht zügig von statten, bis auf ein paar Abweichler. So war einem Wagen der Reifen zerstochen worden, einer war im Morast einer Grünfläche soweit versunken, dass seine Kollegen anschieben mussten und bei einem versagte der Motor.
Ich musste dank 20 Minuten Blocksperre noch etwas auf meine Mitfahrer warten, welche mich dann mit lustigen „Such-den-Münsteraner“ Spielchen aus dem Gästeblock erheiterten. Dennoch zogen wir es vor so schnell wie möglich aus dieser Stadt zu verschwinden. Da am Spielfreien Mittwoch ein Strandtag eingeplant war machten wir uns auf gen Norden an der Küste entlang. Da Donnerstag entweder 2 Spiele in Sofia oder das Heimspiel von Partizan Belgrad anstanden war dies so oder so die richtige Richtung.
In einer kleinen Bucht am Meer wurde heute genächtigt. Leider war’s schon zu dunkel um den Ausblick genießen zu können, aber das Meeresrauschen und über 20 Grad in der Nacht haben ja auch was für sich.
– Ende Teil 3 –
– Teil 4 –
Mittwoch 28.09.2005
Nach dem Stress und vielem im Auto sitzen der letzten Tage war heute Entspannung angesagt. Wir wollten noch ca 50 Kilometer fahren, wo uns der Reiseführer dann einen schönen Sandstrand versprach. Doch nach bloß 5 Kilometern saßen wir bereits im Stau. Ein Tanklastwagen war auf der engen Küstenstraße wohl ein klein bisschen zu schnell gefahren und hatte sich daraufhin quer über selbige gelegt. Einige total Verrückte schlängelten sich dann noch zwischen der freien Spur und dem Tankwagen durch, wir warteten lieber ein paar Minuten länger und wurden brav durchgewunken von der Polizei.
Der Strand war wirklich schön. Sand, sehr wenige Leute, viel Ruhe aber recht kühles Wasser. Auf der Suche nach einem Internetcafe fing es dann plötzlich an zu tröpfeln. Also nach bloss 2 Stunden Sack und Pack in den Wagen verladen und als wir gerade losfahren wollten wieder klarer Himmel und Sonnenschein. Die Schnauze hatten wir dennoch voll und fuhren erstmal ein Stückchen weiter. In einem etwas größeren Nest ging es dann wieder raus. Die anderen beiden an den Strand, meiner einer auf die Suche nach Geldautomat, Supermarkt und Inetcafe. Wurde auch alles recht schnell gefunden … nur: Wieso machen die Griechen in einem Touristenort „Mittags“pause von 14:00 bis 17:30 ??? Ok dafür dann bis 22:30 geöffnet aber was habe ich davon?
Also frustriert zu den anderen marschiert und erstmal fleißig über das polnische Ehepaar neben uns aufgeregt, welches es wohl toll fand ihre nicht mal 10jährigen Töchter mit Tangas rum rennen zu lassen. Manches muss einfach nicht sein.
Dann wurden noch 2 Gyrosbuden attackiert. In der 1. wurde das Essen stehengelassen, wegen Ungenießbarkeit, in der 2. wurde die Chance genutzt mal Akkus aufzuladen. Außerdem wurden uns von der Bedienung kostenlos die Vorzüge von Metaxa-Cola nahe gebracht. Sehr feines Gesöff!
Als gerade im Internetcafe eingekehrt wurde öffnete der Himmel seine Schleusen und was als kurzer informativer Abstecher gedacht war um Spielpaarungen zu checken wurde zu einem über 1 stündigen (Anm. wieso schlägt Word an dieser Stelle eigentlich die Korrektur „sündigen“ vor?) Aufenthalt. Draußen kamen wahre Sturzbäche herunter und drinnen fiel alle paar Minuten der Strom und am Ende auch noch die Internetverbindung aus. Topp!
Nach etwa einer Stunde hatte es sich dann beruhigt. Ins Auto und ab dafür. Entschieden hatten wir uns nun dafür am nächsten Tag die Partien CSKA Sofia – Bayer Leverkusen und Levski Sofia – AJ Auxerre mit unserer Anwesenheit zu beglücken. Juhu 4. neuer Länderpunkt der Tour! Da Partizan gegen Maccabi Petah Tikva eine derbe 2:5 Klatsche bezog wäre das Spiel jedoch wohl auch ganz lustig geworden. Außerdem hätte es das einige andere Unannehmlichkeiten erspart, aber dazu später mehr.
Bereits an der Grenze zu Bulgarien wurde uns klar, was das hier geben würde. Während meine beiden Mitfahrer bereits vor 3 Wochen hier gewesen sind war es für mich Neuland und umso deutlicher die Erkenntnis, dass das hier Frauentechnisch gesehen ein ganz, ganz kaltes Pflaster sein sollte im Gegensatz zu Griechenland. Eigentlich nicht nur zu Griechenland sondern zu allen mir bisher bekannten Ländern. Bereits an der Zollstelle wurden wir von einer missmutigen Frau empfangen die aussah, als habe ein LKW-Fahrer mal nicht aufgepasst, an der Schranke nicht rechtzeitig gebremst und ihr einmal quer durch die Schmiege gerollt. Ihre Laune und ihre Freundlichkeit passten sich dann auch nahtlos an ihre unfassbare Schönheit an. Zunächst wurden 4 Euro fällig für eine „Desinfektion“. Sprich: wir wurden gezwungen durch ein Loch mit einer stinkenden Flüssigkeit zu fahren. Ob da der Wagen oder die Flüssigkeit gereinigt werden sollte blieb offen. Danach wollte die nette Dame uns dann noch erzählen an einem unserer Pässe sei etwas nicht in Ordnung und ließ sich erst nach längerem Hin und Her erweichen uns in ihr beschissenes Land zu lassen. Einen kleinen roten Zettel mit der Aufschrift „Borderpolice“ steckte sie uns noch zu. Dieser wurde von uns unter die Windschutzscheibe gelegt. Ob das nun richtig oder falsch war oder wofür das Teil überhaupt da war wissen wir bis jetzt noch nicht, denn wir waren keine 10 Meter gefahren da springt uns ein Soldat vor die Karre und schnappt sich lachend das Teil. Immer noch kopfschüttelnd ging es in die Wechselstube wo uns 2 weitere Schönheiten des Landes erwarteten. Die eine mit Hakennase und Pickeln, die andere Liliputanerin. Was sie ebenfalls mit ihrer Kollegin gemeinsam hatten war ihre supi-dupi gute Laune und wir waren froh als wir (nachdem wir das rausgegebene Geld 2x nachgezählt hatten) endlich weg konnten. Getauscht wurden knappe 40 Euro, was eigentlich für Eintritt, Essen und ein wenig zu Trinken für 3 Personen ausreichen sollte.
Auf den verhältnismäßig gut ausgebauten Straßen (wer von Westen aus nach Bulgarien einreist kriegt da laut Aussagen meiner Gefährten ganz anderes zu sehen) ging es dann auf nach Sofia. Etwa 100 Kilometer vor der Hauptstadt war für heute Schluss. Die beiden anderen zogen sich wieder ins Zelt zurück, ich zog das warme Auto vor, denn die Temperaturen waren nicht mehr auf Mittelmeerstandart. Vielmehr war es saukalt. Dafür aber gab es dank totaler Einöde und keinerlei Lichtern in der Umgebung einen genialen Blick in den klaren Sternenhimmel. Ich glaube so viele Sterne habe ich noch nie gesehen. Doch diese Idylle wurde mitten in der Nacht jäh unterbrochen. Zunächst dachte ich da seien Autodiebe am Werk, dann sah ich das Blaulicht auf dem Dach des Wagens neben mir (wobei das eine das andere ja nicht ausschließlich in solchen Ländern). „Hier nicht schlafen! Vorsicht Mafia, Mafia“ ah ja. Aber wir wollten gerne noch 2-3 Stunden nächtigen und zogen es daher vor zunächst auf die Mafia zu scheißen. Von Mafia war zum Glück auch die nächsten Stunden keine Spur und so kletterte man dann am morgen ausgeruht aus den „Federn“. Es war zwar immer noch recht schön, aber einigermaßen frisch. Daher tauschte ich die kurze mit einer langen Hose – eine sehr gute Entscheidung wie sich später herausstellen sollte.
Da der Rest des Tages ein wenig ausführlicher ist findet ihr alles weitere in Teil 5 des Wochenberichtes.
– Ende Teil 4 –
– Teil 5 –
Donnerstag 29.09.2005
ACHTUNG! DER FOLGENDE TEIL ENTHÄLT KRIMINELLE HANDLUNGEN – BITTE ZU HAUSE NICHT NACHMACHEN!
Bei der Einfahrt nach Sofia bestätigte sich der 1. Eindruck von Bulgarien den ich an der Grenze bekommen hatte. Dieses Land ist schlicht und ergreifend hässlich, dreckig und voll mit eben so hässlichen Menschen. Sie scheinen sich der Situation aber durchaus bewusst zu sein, denn ein fröhliches Gesicht sucht man ebenfalls lange vergeblich. Naja vermutlich nichts gegen die Gesichter die wir später ziehen sollten.
Auf direktem Wege ging es zum Levskistadion. Hier sollte bloss 30 Minuten nach Abpfiff der Partie CSKA – Lev das UEFACupspiel gegen den AJ Auxerre steigen. Wir wollten uns um nachher Zeit zu sparen also schon mal Tickets sichern.
Am Stadion zogen wir es vor den bereits zur Hälfte abgesperrten Parkplatz zu benutzen. 3 Polizisten an der Ausfahrt ließen uns auch ohne Probleme passieren und als wir in Sichtweite parkten gab es ebenfalls keine Proteste. Gut so. Auf dem Vorplatz war bereits einiges an Uniformierten aufgelaufen, Absperrgitter aufgestellt etc. Der Ticketshop war recht schnell gefunden (nur an dem Mann vorbei, der die Schranke zur Stadionzufahrt per Hand bedienen musste) und die 5 Euro Eintritt für die Haupttribüne zahlten wir auch gerne. Dann ging es noch schnell für 5 Minuten in den Fanshop, wo sich für 3 Euro ein Schal der Ultras-Levski und 2 Programmhefte gekauft wurden. Die Bilder von Choreos die hier hingen ließen bereits schon einiges erhoffen.
Nach knapp 10-15 Minuten zurück zum Auto. Zumindest war das so geplant, denn wir waren da – nur das Auto eben nicht. Leichte Panik machte sich breit und als die hergerufenen Polizisten nach Rückruf in der Zentrale uns erklärten, dass die Kiste nicht abgeschleppt worden ist war klar, dass ein einheimischer Dienstleister nicht mehr mit ansehen hatte können wie wir in unserem (nach 6 Tagen, vielen dreckigen und nassen Klamotten doch mittlerweile recht erheblichen) Mief hocken mussten und hatte uns so kurzerhand unserer Sorgen (und unseres Gepäcks) erleichtert. Herzlichen Dank auch noch mal von dieser Stelle. Ein Handy, Ladegeräte, Reisepass, eine Digitalkamera, Klamotten, Schlafsäcke, Essen … alles weg. Was uns blieb waren Portemonnaies, meine Kamera, 2 Handys und die Sachen die wir gerade anhatten. Am meisten jedoch schmerzten mich der Verlust von meinem Ultras Apollon T-Shirt und dem Panatinaikosschal. Als erstes wurde gar nicht wirklich gecheckt was das ganze jetzt bedeutete. Wie sollten wir nach hause kommen? Während wir auf einen herbeigerufenen englischsprachigen Cop warteten waren wir fleißig dabei Pläne zu schmieden. Von „mit dem Leverkusener Mannschafts- oder Fanbus mitfahren“ bis zu „mit dem Zug über Bukarest und weiß der Teufel wo“. Doch wer schon mal als Tourist im Osten Zug gefahren ist dürfte wissen, wie gnadenlos man dort abgezogen wird. So versucht einem Jeder Schaffner aufs neue zu erklären, dass die gerade gekaufte Karte leider so was von ungültig sei auf der gerade befahrenen Strecke und man leider, leider nachlösen müsse sonst würde man an der nächsten Station an die Luft gesetzt.
Also alles keine wirklichen Alternativen. Aber darum mussten wir uns zunächst eh mal keine Sorgen machen. Nach 30 Minuten kam dann ein Polizeiwagen und mit ihm jemand der des englischen mächtig war. Er erklärte uns, dass wir nun dringend zur Botschaft müssten, denn in Bulgarien ist die Amtssprache Bulgarisch – sprich es wird nichts anderes akzeptiert bei einer Behörde. Das bedeutete für uns: Entweder ratz-fatz Bulgarisch lernen oder einen Dolmetscher ranholen. Nachdem die Anzeige dann aufgegeben sei dürften wir selbstverständlich das Land verlassen. Er gab uns eben noch eine Karte mit seinem Namen und der zuständigen Polizeidienststelle wo wir ihn dann mit dem Dolmetscher erreichen könnten und machte sich dann daran den Tatort zu fotografieren. Allem Anschein nach war auch in einige Busse die dort standen eingebrochen worden. Und das alles im Umkreis von 20 Metern um die Polizei?! Entweder wurden da beide Augen zugedrückt oder irgendwer war unfassbar dreist. Auch kaum vorstellbar, dass die Herren in blau den Wagen nicht haben wegfahren sehen. In den 45 Minuten die wir dort standen fuhren vielleicht 3 Wagen vom Parkplatz – wie viele dürften das wohl in den 10 Minuten gewesen sein die wir weg waren? Und dann noch ein Golf 4 mit deutschem Kennzeichen.
Uns wurde dann ein Taxi gerufen und wir wurden zur Botschaft gefahren. Mit dem wohl ältesten und langsamsten Taxi der ganzen östlichen Hemisphäre. Das wir uns dank fehlender Gurte nicht anschnallen konnten war in der Situation allerdings unser kleinstes Problem. Das richtige kam erst als wir in der Botschaft saßen uns einen 5seitigen Katalog vorgelegt bekamen in dem stand was wir nun alles zu tun hätten. War geplant gewesen die Anzeige aufzugeben und dann direkt zum Leverkusenspiel zu fahren um eventuell einen Platz im Bus klar zu machen wurde uns jetzt direkt mal erklärt, dass das nix wird. Das ganze benötigte Prozedere war in einem Tag unmöglich zu schaffen. Ja toll also auch noch über Nacht in diesem Loch bleiben. Die Botschaft reservierte uns also schon mal Zimmer in einem nahe gelegenen Hotel und besorgte uns eine Dolmetscherin: Jenni.
Ich musste eben um die Ecke Passfotos machen lassen. Das Geschäft war auch schon wieder so ein Knaller. Ein einziger Raum in einem Plattenbau, etwa 3×3 Meter (der Raum, nicht das Haus) und mit einem Abflussrohr quer durch die Bude, so dass der Fotograf sich anstrengend musste eben jenes nicht noch in das Foto mit ein zu bauen. Meinen vorläufigen Reisepass bekam ich dann im Austausch für 21 Euro ausgehändigt, während unser Fahrer gerade fleissig mit dem ADAC am telefonieren war. Dabei stellte sich heraus, dass uns sowohl Unterkunft für die benötigte Zeit als auch Dolmetscher und evtl. die Rückfahrt bezahlt würde. HEIL DEM ADAC! Leute werdet Mitglied und holt euch die ADAC Pluscard (Werbung Ende). Zumindest diese Sorgen konnten nun ein wenig gemildert werden.
Mit Jenny ging es dann zum Polizeirevier 5, natürlich nicht ohne ihr vorher eingebläut zu haben, dass wir um spätestens 17:00 da raus sein müssen um zumindest noch die 2. Halbzeit bei CSKA sehen zu können. Sie verstand zwar nicht wieso uns das so wichtig war, versprach aber ihr möglichstes zu tun.
Am Polizeirevier 5 fühlte sich dann irgendwie niemand für uns zuständig und für die Gegend am Stadion schon mal gar nicht. Auch den Herrn Petrow, welcher uns seine Karte gegeben hatte war hier gänzlich unbekannt. Das Ganze wurde also immer mysteriöser. Nach einigem Hin und Her wurden wir dann doch durchgelassen in ein Büro im Erdgeschoss. Wobei Büro jetzt ein wenig übertrieben klingt. Sah der Bau von draußen schon derbe aus, so wussten wir nicht ob wir lachen oder weinen sollten als wir das hier nun sahen. Das Linoleum löste sich vom Boden und durfte riesige Flecken sein eigen nennen, die Tapete kam von den Wänden, wo dann gleich die Chance genutzt worden war auf diese drauf zu malen, in der Mitte stand ein uralter Schreibtisch in den reingeritzt und Löcher gebrannt worden waren. Die Tür war ehemals wohl gepolstert gewesen (um Folterschreie nicht auf den Flur dringen zu lassen?) jetzt jedoch hing das Futter heraus, die Klinke war abgebrochen. Ausser dem Schreibtisch – auf dem ein uraltes Wählscheibentelefon stand – war in diesem Raum rein garnix. So kann man arbeiten? Geschweige denn Verbrechen aufklären?
Der Beamte war auch nicht sonderlich erpicht darauf wie es schien. Vielmehr hatte er die Ruhe weg, machte Scherze mit unserer Dolmetscherin und ließ sich lang und breit erklären auf welchem Parkplatz und in welcher Ecke der Wagen denn nun gestanden hatte. Die Fotos des Herrn Petrow waren natürlich genauso wenig aufzufinden wie er selbst. Mit einer Engelsgeduld stellte er immer wieder die selben Fragen. „Wo war das?“ „Was für ein Wagen war es?“ „Was wurde gestohlen?“. Und den ganzen Mist dann bitte für jede Person separat. Die erste Stunde verstrich schnell und Fortschritte waren irgendwie mal gar keine zu erkennen. Wir wurden immer ungeduldiger – unser Gegenüber immer trantütiger. Zwischendurch kamen dann der ein oder andere Kollege rein und meinte irgendwas beitragen zu müssen. Am interessantesten noch der Hinweis, dass wir Glück hatten, dass wir nicht eine Stunde später am Tatort gewesen seien. Genau auf dem Parkplatz wurde jemand erschossen. Ja Geilomat super Ecke wie es aussieht. Außerdem gab es noch einen kurzen Exkurs über die Hools in Sofia, die wohl jedes Wochenende Terz machen (Beim Derby CSKA – Levski vor einigen Wochen gab es wohl eine 3-Stellige Zahl Verhafteter). Irgendwie meinte der gute Herr auch die ganze Zeit wir seien – trotz gegenteiliger Behauptungen unsererseits – wegen Leverkusen in der Stadt. Dass wir Deutsche sind, die sich nicht im Geringsten für das Ergebnis interessieren wollte er nicht so ganz glauben.
Naja geschlagene 2 Stunden später hatte der gute Mann dann seine Schuldigkeit getan und das Protokoll handschriftlich fertig gestellt. Wir wussten, dass wir ein Protokoll mit Stempel für den Staatsanwalt brauchen würden, also dachten wir die hauen uns da nun eben jenen drauf und wir können endlich zum Fußball. Dann hätte es sogar für die 1. Halbzeit noch locker gereicht. Naja typischer Fall von denkste. Nun wurde auch noch ein Kreuzchen im 2. Stock des Gebäudes gesetzt. Vorbei an dem „Knast“ im Erdgeschoss aus dem eine recht finstere Person lugte. Anzumerken, dass dies Polizeireviertechnisch schon mein 2. Länderpunkt dieses Jahr ist. Europa komplettieren ist allerdings erstmal nicht vorgesehen.
Durch Flure in denen das Licht ausgefallen war (man den runterfallenden Putz von den Wänden jedoch hören konnte) ging es also eins höher. Das Büro sah fast genauso aus wie das 1., nur dass hier auch noch 2 486 auf den beiden Tischen standen und einige Postkarten mit nackten Frauen von den Wänden schauten. In der Ecke ein großer Tresor, dazu 5 Stühle die total zerfetzt waren und wo man sich fragte seit wie viel Jahrzehnten die Teile wohl im Einsatz sind.
Und was macht der Beamte jetzt? Gibt uns nen Stempel? Äh … knapp daneben. Er schreibt das gerade aufgenommene Protokoll auf den PC ab. Wobei abschreiben jetzt nicht ganz das richtige Wort ist, denn auch wenn unsere Dolmetscherin ihm das alles gerne diktieren möchte, so fragt er uns den gleichen Scheiß doch lieber noch einmal. Hallo wofür haben wir denn da gerade unten die ganze Zeit gehockt?? Und wenn es schon an so einfachen Städtenamen wie dem Geburtsort des Fahrers Gliwice in Polen hapert … und auch er wollte witzig sein und glaubte in uns Leverkusenfans zu erkennen. Orrrr!!! Als ob der Verlust unserer Klamotten und des Autos nicht schon schlimm genug wären – jetzt sind wir auch noch Leverkusener.
So langsam machte sich dann doch Panik breit, dass wir das Spiel wohl abschreiben könnten. Wenn wir nun schon mal hier waren, dann bitte auch mit dem Kreuzchen in der Tasche, denn so schnell will niemand von uns hier wieder hinkommen das stand fest. Nach schier endlosem Gequatsche ging es dann um kurz vor 5 endlich raus. Fast 5 Stunden nach dem Diebstahl! Unsere Dolmetscherin hatte uns zwar angeboten uns den knappen Kilometer zum Stadion zu fahren doch bei ihren Fahrkünsten (auf den 10 Minuten Fahrt zum Polizeirevier 5 oder 6x den Wagen abgewürgt, verkehrt herum in eine Einbahnstrasse gefahren, bei rot über ne Ampel) wären wir wohl nie angekommen.
Also die Beine in die Hand und los gerannt. Schon von Weitem hörte man die Stadionmusik … also brav weitergelaufen und rechtzeitig am Eingang angekommen. Kurzes Palaver mit den Bullen, die uns nicht reinlassen wollten. Karten gab es eh nicht mehr, da das 28.000 Zuschauer fassende Stadion ausverkauft war. Presse und Fans seien alle in der Stadt mit einem Bus abgeholt und mit Polizeieskorte zum Stadion gefahren worden wurde uns erklärt. Leicht verzweifelt wurde der nächste Eingang attackiert. Hier kein Probleme und wir waren drin. Mitten in der Sofiakurve. Wobei: Eigentlich war hier alles Fankurve. Das komplette Rund im Ausnahmezustand. So eine Stimmung hab ich im Ostblock noch nicht erlebt – inclusive Haupttribüne steht alles auf – Arme nach oben und Einklatschen. Italienisch angehauchte Lieder in einer wahnsinns Lautstärke. Dazu viele Fahnen, das komplette Stadion in rot gekleidet und vorm Block so verheißungsvolle Fahnen wie „SOFIA HOOLIGANS ARMY“ „Torcida“ „Ultra’ North“. Die Leute um uns herum fielen durch so „tolle“ Schals wie „White Power Skinheads“ oder „Ultras – Hooligans“ Schals auf. Die schöne Pappchoreo in rot und weiss sowie die anwesenden Leverkusenfans konnte man leider erst später auf Fotos im Internet sehen. Im Stadion taten die Gäste wohl gut daran die Füße still zu halten, denn das riesige Polizeiaufgebot schien bei dem Potential auf den Rängen durchaus gerechtfertigt.
Die Stimmung war wie schon gesagt grandios. Ohne Pause, immer wieder in anderen Ecken des Stadions wurden Lieder angestimmt und alles zog mit. Besonders lustig zu sehen, wie „unsere“ Kurve mit der Haupttribüne einen Wechselgesang machte während die andere Kurve und die Gegengerade interagierten. Schalparaden bei denen das komplette Stadion mitzog, pöbelnde Haupttribünenzuschauer, vereinzelte Pyroeinlagen. Das Spiel hatte wirklich alles! Wir ärgerten uns schwarz, dass wir die erste Halbzeit verpasst hatten, denn das hier war einer der Kicks wo man auch durchaus ne Verlängerung sehen möchte. Nach dem 1:0 für CSKA ging es dann richtig rund. Überall gingen Rauchfackeln und Bengalen an, diese wurden teils auf dem Rasen entsorgt. Dazu wurde die Festigkeit des (Maschendraht!-)zaunes getestet. Zugleich lief die Staatsmacht auf und bezog vor den Blöcken Stellung. Der Rest des Spiels war Party pur.
Wir konnten jedoch leider nicht mehr mitfeiern, denn das 2. Spiel stand an. Also ab zur Hauptstrasse, Taxi angehalten und los.
Dass wir unsere Tickets schon vorher geholt hatten zeigte sich jetzt als gute Idee (ja ok … der Rest halt nicht so ganz). Quasi mit Anpfiff kamen wir vorm Tor an und rannten rein. Falsche Seite zwar aber darüber kann man sich später noch Gedanken machen. Hier war das Stadion nicht ausverkauft aber die Stimmung ähnlich gut. Knapp 13.000 dürften es gewesen sein die das Levskistadion bevölkerten. Die Fankurve zu unserer linken machte auch fleissig Tammtamm. Wir mussten jedoch erstmal an einem der zahlreichen Imbissstände ein paar Leva gegen etwas Essbares eintauschen, hatten wir doch bei dem ganzen Stress bisher heute noch keinen Happen gegessen. 1 Euro für 4 recht grosse Schokoriegel war dann auch angemessen und wurden begierig wegachilt.
Für Belustigung sorgte ein Typ im Nebenblock. Komplett in weiss gekleidet (bis auf die Schuhe) und dazu eine weisse Sturmhaube über – sehr stylisch. Auch hier wieder Kinder mit Hooligansschals und white power Klamotten. Schön ist was anderes. Die obligatorischen Keltenkreuze auf vielen Fahnen und T-Shirts durften natürlich ebenfalls nicht fehlen.
1:0 und gleiche Szenen wie 1 Stunde zuvor. Hier noch ergänzt durch fleißiges Sitzschalenwerfen auf die Staatsmacht vorm Block. Aber nicht nur eine sondern pausenlos. Da scheint beim Torjubel so einiges zu Bruch gegangen zu sein. Krönung der Veranstaltung waren 2 Vögel die gleich eine ganze Reihe raus-gerissen hatten und nun stolz knappe 4 oder 5 Sitzschalen auf einer Metallschiene präsentierten. Zum Werfen war das Geschoss aber scheinbar ne Nummer zu groß und so verschwand der Spaß wieder in der Versenkung. Auch Pyrotechnisches Material fand seinen Weg auf die Ordnungshüter, welche jedoch recht locker reagierten. Ebenfalls als mehrere Härtefälle kurz davor waren eines der Tore zum Innenraum aufzubrechen. Gelungen ist es ihnen nicht, viel hätte jedoch wohl nicht mehr gefehlt. Gästefans waren gezählte 0 anwesend, ein paar versteckte Franzosen auf der Haupttribüne jedoch nicht ausgeschlossen.
Haupttribüne: Unser Ziel in den 2. 45 Minuten, denn da wo wir sitzen mussten, das konnte man wirklich niemandem zumuten. Hätte auf dem Platz vor mir jemand gesessen, so hätte er mit Sicherheit nichts gehört, weil er platz bedingt meine knie in seinen Ohren gehabt hätte. Oder zumindest meine Füße aufm Schoss. So wenig Platz habe ich in bisher noch keinem Stadion gehabt. Dazu kam dann noch, dass sämtliche Sitzreihen krumm und schief hingen, Sitzschalen rausgebrochen waren und Schrauben der Verankerungen fehlten.
Also raus und ab auf die etwas geräumigere und voll überdachte Tribüne. Erst noch mal Bekanntschaft mit überaus freundlichen Uniformierten gemacht, welche Anstalten machten uns aufs Maul zu hauen weil wir ins Stadion wollten und dann doch noch irgendwie reingerettet.
Die Tribüne war hier ähnlich aktiv wie vorher bei CSKA und so wurde hier permanent aufgestanden, Lieder angestimmt und Fahnengeschwenkt. Sowas möchte ich gerne mal in Deutschland sehen!
Um ein Taxi zum Hotel zu bekommen machten wir uns 2 Minuten vor Spielende auf. Der Taxifahrer hatte einen kleinen Minifernseher laufen und so konnten wir die 8 Minuten Nachspielzeit (für was??) auf dem Bildschirm beobachten. Endlose Freude im Stadion nach Abpfiff und auch unser Fahrer konzentrierte sich mehr auf die Flimmerkiste als auf den Straßenverkehr. Dennoch fuhr er uns für knappe 2 Euro die 6 Kilometer zum Hotel. In der Botschaft war uns gesagt worden „das ist nichts dolles“ – und für 20 Euro Einzelzimmer erwarteten wir auch nicht wirklich viel. Doch wir wurden positiv überrascht. Draussen war gerade ein Hochzeitsgesellschaft am feiern und drinnen hingen überall Bilder von Sportsgrössen aus dem Ostblock welche hier alle schon untergekommen waren. Auch das Problem, dass nur noch ein Appartement für 2 Personen frei war wurde von der deutschsprachigen Rezeptionistin geklärt indem ich Bettwäsche bekam und mich somit auf dem Sofa ausstrecken konnte. 40 Euro für 2 Zimmer, 2 Badezimmer und 2 Balkone – da kann man wirklich nicht meckern. Im Restaurant des Hauses wurde endlich was gegessen. Bei den Preisen konnte man wirklich schwach werden und so gab es nicht nur ein Hauptgericht sondern auch noch Vorspeise, Beilagen und gut was zu trinken für knappe 5 Euro pro Person. Ok dafür waren die Pommes total labberig.
Nachdem die gute Frau an der Rezeption für uns geklärt hatte, dass wir hier mit Euro (mit kleinem Wechselaufschlag verständlich) zahlen durften ging’s aufs Zimmer. Gerade als wir noch ein wenig TV gucken wollten (Pro7 und Sat1 bekam man genauso rein wie einen Bulgarischen Pornokanal der ab 22.00 Hardcorestreifen sendete) fiel im ganzen Stadtviertel der Strom aus.
Also direkt inne Kiste und Äuglein zu. Mittlerweile resignierten wir schon soweit, als dass wir befürchteten auch am nächsten Tag mit dem Behördenmarathon der uns laut unserem Merkblatt bevorstand nicht fertig zu werden und das ganze Wochenende in dieser Gottverdammten Stadt bleiben zu müssen. Aber was daraus wurde erfahrt ihr im 6. Teil 😉
– Ende Teil 5 –
– Teil 6 –
Freitag 30.09.2005
Eine kleine Übersicht was – rein theoretisch – heute zu tun gewesen wäre: Wir fahren schnell zum Polizeirevier von gestern und holen das gestempelte Protokoll ab. Damit fahren wir zum Staatsanwalt der unterschreibt und uns dann damit zum Generalstaatsanwalt schickt um seine Unterschrift zu beglaubigen. Damit geht es dann zum Zoll, welcher unser Auto ausm Computer austragen muss und uns damit die Ausreise genehmigt. Laut Aussagen unserer Botschaft alles knapp an einem Tag zu schaffen wenn man rechtzeitig morgens anfängt.
Naja wie gesagt: Theoretisch.
In der Praxis sind wir in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett gekrabbelt um pünktlich um 10 vor 8 bei unserer Übersetzerin im Büro zu stehen. Jenny klärte uns jedoch direkt drüber auf, dass wir vor 9 nicht im Revier sein bräuchten. Also direkt mal eine Stunde vertan. Egal, dafür geht es ja dann auch alles ganz schnell. Die Zeit wurde für den Kauf von Zahnpasta und Zahnbürsten genutzt, denn mit gebrauchten Klamotten und dann noch ohne Zähneputzen .. *würg* das ging echt mal nicht. Da ich zu faul war und mir direkt die nächst beste Bürste krallte natürlich mal das Schnäppchen übersehen. Während die anderen beiden zusammen 2 Zahnbürsten im Doppelpack für etwa 60 Cent erstanden gönnte ich mir eine supi-dupi-zahnfleischschutz-gewachste-und-ergonomische Superzahnbürste für satte 2,50 Euro. Naja, warum nicht zeigen, dass es einem gut geht?
Um 9 also wieder am Revier 5 vorgefahren und diesmal den 3. Stock gekreuzt. (Noch ein Stock und das Revier ist komplettiert!) Dieser Raum hatte es dann aber auch in sich. Er sah nicht nur genauso schäbbig aus wie die beiden vom Vortag, nein hier schien auch noch die Asservatenkammer des Reviers zu sein. Oder hier wurden eigene Beutestücke gehortet, so ganz genau wusste das keiner. Zumindest lagen satte 12 Autoreifen, mehrere Autoradios und ein Fahrrad ohne Sattel und Lenker in der Ecke. In dem Tresor an Wand wurden vermutlich die kleineren Kostbarkeiten gesammelt. Leider wurden wir wieder keine Sekunde alleine gelassen, denn das hätte ich ja doch liebend gerne mal fotografiert.
Wir sitzen also da in froher Erwartung unserer Protokolls. Aber was kommt? Massig Fragen, die uns langsam glauben lassen wir seien hier die Verbrecher. Irgendwann platzte dann auch mal ein Kragen und es gab die Rückfrage ob denn nun wir hier die Verdächtigen oder die Opfer seien. Direkt wurde beschwichtigt, es ginge nur darum eine Masche bei dem Diebstahl festzustellen. Ahja, also bleiben uns die Gitterstäbe und ein weiteres nicht-gewolltes Kreuzchen erspart.
Aber ein Protokoll gab’s dennoch nicht. Das wurde verschlampt. HALLO??? Wir haben es auch kaum eilig oder so! Dafür kam jetzt ein wahrer Schwall Beamter in den Raum. In der ganzen Zeit die wir hier saßen um die 20 verschiedenen. Soko-Autodiebstahl-deutsche-Fußballfans? Anders kann man diesen Aufmarsch kaum erklären zumal sich jeder für irgendwas zuständig fühlte – und seien es bloß doofe Kommentare über den Wohnort der beiden anderen und sinnbefreite Nachfragen wie es denn den Bremer Stadtmusikanten ginge. Inklusive hochinteressanter Anekdoten aus dem letzten Deutschland-Urlaub *SCHREI*!
Unser Protokoll wurde scheinbar von einem Häftling auf Freigang getippt – im 2 Finger Suchsystem. Mit schiefen Zähnen, ner platt gehauenen Nase und einem total ungepflegten Äußeren sah er nicht nach dem Prototypen dessen aus was wir unter Ordnungshüter verstehen. Seine 2 Kollegen hingegen machten mit Lederjacke, Goldkette und dicker Uhr eher einen auf Miami-Vice oder ähnlicher Porno-Bullen. Falls Hollywood hier mitliest: Guckt euch die 2 mal an.
Nach Endlosem hin und her ging dann endlich jemand mit dem Protokoll raus und kam 20 Minuten später wieder. Mit Stempel! Sollte dieser Teil hier wirklich beendet sein?
Wir also schnell raus und ins nächste Taxi. Ab zur Staatsanwaltschaft am anderen Ende der Stadt.
Vorher auf der anderen Straßenseite noch schnell einen Copyshop aufgesucht und einige Unterlagen für die Versicherung zuhause kopiert, dann durch Metalldetektoren und Einlasskontrollen in das Gebäude. Rauf in den 3. Stock und den Herrn Staatsanwalt gesucht. Komischerweise absolut keine Probleme soweit. Wir wurden nur gebeten noch mal schnell zum Copyshop zu laufen und weitere Sachen zu kopieren. Das dauerte jedoch lediglich eine Viertelstunde (Dank erneuter Einlasskontrollen und Schlangestehen) Nach bloß 10 Minuten war alles fertig und wir sollten unseren Ausgangsstempel an der Pforte bekommen. Auf dem Weg dahin das Protokoll noch mal überflogen und siehe da? Unser Freigänger hatte die Zeiten verwurstet. Nicht „Der Diebstahl fand in der Zeit von 20 nach bis halb statt“ sondern „von halb bis 20 nach“. Naja, kleiner Fehler aber vielleicht grosse Wirkung? Der Staatsanwalt konnte jedoch beruhigen – irrelevanter Fehler.
Also noch mal angestellt in der Stempel-Schlange … und direkt einen nicht ganz so irrelevanten Fehler gefunden. Die Fahrgestellnummer war falsch. Ist es wirklich sooo schwer ein paar Zahlen und Ziffern richtig zu schreiben wenn man im Staatsdienst ist? Hier konnte der gute Herr in seiner Robe dann leider auch nicht mehr abwiegeln. Der Fehler war doch zu eklatant. Tja leider war es gerade 5 vor 12 und von 12 bis 12:30 wurde hier Pause gemacht. Die Hoffnungen alles an einem Tag und vor allem vor dem Wochenende erledigen zu können schwanden von Sekunde zu Sekunde.
Netterweise rief der STA im Revier 5 an und machte den Herrschaften da ordentlich Feuer unterm Arsch. Wir sollten das neue Protokoll direkt mitnehmen können … na das glaube ich erst wenn ichs gesehen habe. Also wieder ins Taxi, wieder durchs Gewühl der Stadt. Wobei es in der Stadt in sofern noch recht zügig geht, als dass hier im Gegensatz zu Schnellstraßen und Autobahnen (!!) keine Esel- und Pferdekarren zu finden waren. Trotzdem: Typischer Freitagsverkehr und dementsprechend fix kamen wir voran. Am Revier den Taxifahrer gebeten zu warten und rein. Protokoll bekommen …. äh … nein gewartet natürlich. Diesmal aber bloß knappe 30 Minuten, die Jungs werden immer besser. Rein ins nächste Taxi, zur Staatsanwaltschaft.
Schlange stehen, Einlasskontrolle, in den 3. Stock gehetzt und erneut unterschreiben lassen. Stempelschlange, Formulare ausgefüllt und unterschrieben, Stempel bekommen. Und auf die Uhr geschaut: Schon nach 13:00! Der ADAC mit dem wir ständig im Verbindung standen meldete nun auch noch, dass wir für heute definitiv keinen Flug mehr bekommen würden. Scheiße! Wir wollten einfach nur noch raus aus diesem Loch! Aber morgen Abend dafür vermutlich … ein Strohhalm an den man sich klammern konnte. Aber bevor wir nicht unseren Behördenmarathon erfolgreich beendet hatten brauchten wir uns eh keine Gedanken über eine eventuelle Ausreise machen, denn solange durften wir alle als Gäste bleiben.
An einem Gitarrenspieler vor der Staatsanwaltschaft der auf seinen verbliebenen 3 Saiten zog vorbeigehetzt und ins Taxi. Bisher nichts gegessen oder getrunken seit gestern Abend. Das und der Stress zehrten doch schon ganz gut an den Nerven und eine kleine Auszeit hätte mittlerweile wohl jeder von uns gebrauchen können.
Wir aber durften nun den Generalstaatsanwalt mit unserer Gegenwart beehren. Die Unterschrift vom Staatsanwalt beglaubigen lassen, sinnloser Mist und zu allem Glück auch war der Laden natürlich nicht mal eben um die Ecke.
Dafür aber ein wirklich nobler Bau! Hohe Eingangshallen mit verzierten Decken usw. zeugten von einer etwas wohlhabenderen Vergangenheit. Dass aber auch hier der 1. Eindruck täuscht war klar als wir im 2. Stock umherirrten und überall auf den Fluren Bretterverschläge (!!) aufgebaut waren hinter denen sich Minibüros versteckten. Wer plant eine kriminelle Laufbahn einzuschlagen sollte bei diesem Polizei- und Justizapparat doch wirklich mal über eine Verlagerung seines Arbeitsplatzes in östliche Gefilde nachdenken. Wobei man sich dann auch an den Anblick der Menschen dort gewöhnen müsste. Bisher konnte ich mir unter „Zigeuner“ nicht viel vorstellen, hier sind sie an jeder Ecke präsent. Besonders „beeindruckend“ eine alte, vielleicht 70jährige Frau vor der Staatsanwaltschaft. Klein, mit Buckel, dicker Warze im Gesicht, riesiger Hakennase, völlig zerlumpten Kleidern und vor allem scheinbar abgestorbenen weil schwarz gefärbten Händen hätte man sie noch aufwendig mittels Masken und Make-up schönbasteln müssen um sie im Fernsehen als Hexe verkaufen zu können. Bislang war ich davon ausgegangen, dass überall im Ostblock solch schönen Frauen wie in Polen, Russland oder gar dem Baltikum unterwegs sind. Hier wurde meine positive Meinung jedoch auf eine derbe Probe gestellt. Wir fragten uns nur noch wie sich eine so unglaublich hässliche Bevölkerung eigentlich fortpflanzen kann. Gelöst wurde dieses Rätsel natürlich nicht, auch wenn einige recht viel versprechende Thesen aufgestellt wurden.
Zurück zum Wesentlichen. Der Herr Generalstaatsanwalt wurde nach längerer Suche lokalisiert und erklärte sich gerne bereit den Wisch zu unterschreiben. Wenn wir vorher einen kleinen Obolus dafür entrichten. Also ab runter zur Zahlstelle, bezahlt, Bescheinigung bekommen und damit zurück zum Herrn des Hauses. Nun gab es auch das ersehnte Autogramm.
Leider gab es ein kleines Problem, denn wir brauchten eigentlich noch eine Abschrift des ganzen für die Versicherung in Deutschland, denn bei einer einfachen Kopie bestand die Gefahr, dass die sich quer stellen.
Zum Glück kannte unsere Übersetzerin einen Notar in der Nähe. Dieser sollte dann eine Kopie beglaubigen. Gefunden wurde die Kanzlei in einer etwas anrüchig aussehenden Straße mit seltsamen Kneipen aus denen ebenso seltsame Leute kamen, Sexshop und – vermutlich – einem Puff.
Nach all dem Büromief zogen wir es zu zweit vor draußen zu bleiben. Wunderbare Idee, denn sonst hätten wir direkt wieder was verpasst.
Wir stehen gerade 5 Minuten auf der Straße, da kommt ein älterer Einheimischer aus dem nahe gelegenen Copyshop (gibt es hier wohl an jeder Ecke, genauso wie Rechtsanwälte) und brüllt 3 oder 4x ein zackiges „Sieg heil!“ Mit erhobener rechter Hand in die Welt. Dazu kommt dann eine leichte Abwandlung der deutschen Nationalhymne. Oder zumindest dem was unser verwirrter Freund hier dafür hielt. Ein ganz bitteres Schauspiel, was außer uns hier jedoch irgendwie keinen sonderlich aufregte. Nachdem genug geträllert wurde marschierte er im Stechschritt in den Sexshop am Ende der Straße.
Einigermaßen große Begeisterung bei uns dann als der Rest der Combo um ein paar Kopien reicher aus der Kanzlei kam.
Diesmal war das Taxi eine dumme Idee, denn der Verkehr wurde stärker je später der Nachmittag wurde und die S-Bahn wäre mit Sicherheit die bessere Alternative gewesen. Egal, so kostete uns ein Stau nach dem nächsten halt unsere letzten noch verbliebenen Nerven. Trotzdem hatten wir zum 1. mal an diesem Tag das Gefühl es doch noch schaffen zu können. Es war nun zirka 14:30 und wir mussten „nur noch“ zum Zoll. Wobei dieser bis 17:30 geöffnet hatte. Wenn wir es hier nicht mit einem weiteren Fall von totaler Inkompetenz oder purer Boshaftigkeit zu tun haben sollten, dann könnten wir morgen laut ADAC mit dem Flieger um 16:10 ausfliegen. 16:10 Sofia, dann nach Budapest und von da nach Hamburg. Meinetwegen auch nach Pusemuckel oder Hintertupfingen, bloß raus hier!
Irgendwann kamen wir dann endlich im Zollamt am Bahnhof an. Nur leider waren wir – und auch die Dame am Schalter – nicht so ganz sicher ob nun dieses Zollamt oder das am Flughafen für uns zuständig sei. Darüber hinaus machte die Gute einen durch ihr permanentes Kopfschütteln und trauriges gucken total verrückt. Vor allem wenn man kein Wort versteht und sich auf die Mimik und Gestik beschränken muss zum wahnsinnig werden.
Jenny beschwichtigte doch immer wieder und wir durften warten. Als wir dann in eines der Büros gingen um nach dem aktuellen Stand zu fragen direkt wieder ein herber Dämpfer. Nicht nur, weil der zuständige Sachbearbeiter den Fall noch nicht vorgelegt bekommen hatte, nein auch weil wir hier sehen konnten wie gearbeitet wurde. Die Rundablage, sprich der Papierkorb scheint in dieser Behörde nicht groß genug zu sein und so wird einfach mal alles an Akten auf einen Stapel geworfen. Und was für einen! Auf mehreren Tischen die aneinander gestellt waren türmte sich ein mehr als 2 Meter hoher Berg Papier. Wenn unser Antrag da landen sollte könnten wir wohl noch Jahre hier verbringen.
Um unser Glück perfekt zu machen ließ uns nun auch noch das Wetter im Stich und es regnete. Da wir alle nur maximal mit Pullovern bekleidet waren und nichts Trockenes mehr hatten natürlich ne feine Sache. Wobei: Eine Wäsche hätten unsere Sachen schon verdient gehabt. 2 Tage in den selben Klamotten rum rennen das hinterlässt schon geruchstechnisch gesehen einige verwertbare Spuren.
Unser Diebstahl war mittlerweile anerkannt – was das Land Bulgarien jedoch nicht davon abhielt eine Forderung in Höhe von Euro 1.500 an uns zu stellen. Mehrwertsteuer auf das Auto! Hallo? Mehrwertsteuer? Das Ding ist uns geklaut worden, nicht verkauft.
Aber richtig: Natürlich gibt es auch dafür einen Antrag. Dieser durfte ausgefüllt werden und man musste glaubhaft versichern, dass man keine Geldvermögen in diesem Land besitzt. Wie wir da so standen nur mit unseren Klamotten an, 2 Kamerataschen unterm Arm und schon 5 Meter gegen den Wind stinkend (trotz Dusche am morgen) wird uns das wohl jeder abgenommen haben.
Schriftlich brauchten sie es natürlich dennoch und so bekam ein Beamter Marke „Steinbeißer“ mit roter Alkoholikernase und einem Kopf der mindestens 2 Nummern zu groß für seinen Körper war die ganze Chose ausgehändigt.
Und jetzt wieder warten. Was auch sonst, es muss ja gewissenhaft darüber beschieden werden.
30 Minuten vor Dienstende kam der verehrte Herr dann endlich und bat in sein Büro. Der Wagen wurde gelöscht, dafür gab’s einen netten Sonderstempel in den Pass mit Vermerk. Außerdem der Hinweis, dass über die Stundung der „Schulden“ in den nächsten Tagen beschieden werde wenn überprüft worden sei ob dem Fahrer in den letzten 5 Jahren schon einmal ein Auto gestohlen worden sei. Dies ist natürlich nicht der Fall, da aber in dem Antrag unterschrieben werden musste, dass im Falle einer säumigen Zahlung und Wiedereinreise nach Bulgarien mit einem Ausreiseverbot bis zum Begleichen der „Schulden“ (Anm. „Schulden“ hier nicht im Sinne von „Fans“) zu rechnen sei wird in Zukunft wohl von einem weiteren Besuch dieses Landes Abstand genommen.
Um einiges an Lasten befreit brauchten jetzt nur noch einige Formalien geklärt sowie einige Formulare für die Versicherung übersetzt zu werden. Da dies in Bulgarien bloß 5 Euro pro Blatt kostete wurde das noch hier erledigt und nicht, wie auch möglich, auf Deutschland verschoben.
Ich setzte mich nun, da meine Anwesenheit nicht mehr erforderlich war, vom Mob ab und wollte versuchen zumindest Teile meines geklauten Habes kostengünstig neu zu kaufen.
Aber da hatte ich leider meine Rechnung ohne den Wirt und vor allem ohne die auch hier eingezogenen Marktwirtschaft gemacht. Preise wie in Westeuropa und T-Shirts für 25 oder 30 Euro im Nike, Adidas und Umbrostore vermiesten die Lust am Einkaufen doch extrem.
Dafür wurde jetzt eine der vielen Pizzabuden attackiert. Und das mit großem Erfolg, gab es doch mordsmäßige Stücke für umgerechnet etwa 50 Cent. Nach einem Tag ohne Frühstück, Mittagessen oder irgendwas dazwischen gegen 19:00 genau das Richtige. Der Magen dankte es mit zufriedenen Verdauungsgeräuschen. Diese schienen doch wieder einen der rumlungernden Zigeuner anzulocken. Noch während ich am essen war wollte der Knirps bares sehen. Auf deutsch schimpfend wurde er verjagt, nicht jedoch ohne 2 Minuten später mit der halben Sippschaft um mich herum zu stehen. Kamera und Patte krampfhaft festgehalten und über die Straße. Der Mob konnte somit auf Distanz gehalten werden und da die Läden jetzt auch langsam alle dicht machten gab es keinen Grund mehr länger hier rumzustreunen. Lustig zu sehen war jedoch wie alle Geschäfte die schlossen ihre Lichter und Werbung ausschalteten und die riesige Einkaufsstraße so langsam stockdunkel wurde, denn an Straßenlaternen wurde ebenfalls gespart. Daher sprang das güldene große M direkt ins Auge. 4 Cheeseburger wurden eingepackt und bei Preisen von etwa 30 Cent konnte man da nicht viel verkehrt machen.
Auf dem Rückweg konnte ich dann noch mal die Mentalität der Bulgaren bestaunen. Und hatte die Erkenntnis, dass man hier auch als Taxifahrer nicht zwingend Autofahren können muss. So rutschte die Möhre in der ich zum Hotel zurückfuhr an einer roten Ampel mal locker flockig auf den Kofferraum des Vordermannes auf. Wer jetzt aber großes Palaver erwartete wurde enttäuscht. Der Geschädigte hängte sich aus dem Fenster, pöbelte wild herüber und fuhr dann bei grün los während mein Fahrer noch dabei war zurück zu toben und mit geballter Faust zu winken.
Ohne weitere erwähnenswerte Zwischenfälle ging es dann zum Hotel. 6 Kilometer = knappe 2 Euro … de Preise hier variieren scheinbar wie es den Fahrern gerade Spaß macht. Egal bei 20 oder auch 50 Cent Unterschied lohnt es sich nicht darüber zu streiten.
Die anderen beiden hatten für unsere tapfere Übersetzerin in der Zwischenzeit noch einen Dankes-Blumenstrauß besorgt, schöne Geste und mehr als verdient!
Auch diesen Abend ließen wir wieder im Hoteleigenen Restaurant ausklingen. Wieder war das Essen eher mittelprächtig aber super-günstig. Außerdem ist die Herausgabe der Speisen hier scheinbar dem Zufallsprinzip unterworfen. So kommt auch mal das Hauptgericht vor der Vorspeise oder erst nach 3x Nachfragen und dann unvollständig.
Am Nebentisch konnte man einen 4-Mann Trupp erspähen welche für einen Gewichtheberwettkampf in die Stadt gekommen waren. Marke Ich-kann-mich-vor-Kraft-kaum-noch-bewegen. Ihr Köpfe mit wahren Stiernacken auf den Körper aufgepflanzt saßen sie da und droschen die Karten so heftig auf den Tisch, dass man um die Standhaftigkeit des Selben fürchten musste.
Heute bekam ich ein Einzelzimmer während die anderen beiden wieder in ihr Appartement gingen. Bei mir dauerte der Weg leider ein wenig länger, denn der Weg in den 8. (von 9) Stockwerken dauert bei defektem Fahrstuhl leider ein wenig. Der nun volle Magen und das Gerenne des Tages sorgten dafür, dass kaum dass die Füße aufm Bett lagen ich auch schon tief und fest am schlafen war.
– Ende Teil 6 –
– Teil 7 –
Samstag 01.10.2005
Hatte ich schon erwähnt, dass ich den Film „Asterix erobert Rom“ nicht mehr lustig finde? Wer jetzt nicht weiß, was ich meine sollte ihn sich mal anschauen.
Dank ausschlafen und längerer Dusche einigermaßen fit, kletterte ich wieder in meine Klamotten die ich nun schon über 48 Stunden nicht mehr gewechselt hatte. Zugleich hätte ich mir am liebsten dafür in den Buhl gebissen, dass ich nicht die 5 Euro für’n Paar neuer Socken oder die 20 für nen frisches T-Shirt geopferte hatte. Heute hätte ich es mir gedankt – und vor allem alle Leute die mit mir in Kontakt kamen.
Jenny hatte noch einige Sachen für uns übersetzt, also ging es gegen Mittag noch einmal zu ihrem Büro. An der Rezeption nach dem Konsum aus der Minibar befragt allgemeines Kopfschütteln, welches vom Klimpern und Klirren der vollen Plastiktüten in den Händen der anderen beiden Lügen gestraft wurde.
Draußen regnete es noch immer und wir fuhren mit einem Taxifahrer, der sichtlich begeistert war, dass er gerufen wurde nur um uns einmal um den Block zu fahren. Mit den 40 Cent Fahrtkosten war er eindeutig nicht zufrieden und versuchte mehr rauszuholen. Da wir aber langsam auch ziemlich angefressen waren steigen wir aus und ließen ihn mit seinem Weltschmerz alleine.
Während 2/3 unserer Besatzung nun hemmungslos dem Alkohol in Form von günstigem Wodka frönten, blieb ich nüchtern und nahm alle Unterlagen an mich. Zu groß die Angst am Zoll Probleme zu kriegen und doch hier bleiben zu müssen. Während die Literflasche Wodka sich in beängstigendem Tempo leerte verabschiedeten wir uns von unserer Dolmetscherin und es ging mit dem Taxi Richtung Aeroport.
Ein ziemlich hässlicher aber was anderes hatte ich eigentlich eh nicht erwartet. Direkt zum Schalter von Malev, einer ungarischen Fluggesellschaft bei der Tickets für uns hinterlegt sein sollten. Name angegeben und … „Sorry, but the Computer doesn’t know you“ AH? Ok nächster Name – mit dem selben Ergebnis. PANIK!! Tief durchatmen und 3. Versuch – Bingo! Bei den anderen beiden hatten sie es geschafft Rechtschreibfehler einzubauen bzw den Vor- als Nachnamen einzugeben. Gibt es in diesem Land denn nur inkompetente Volltrottel??
Der Schock wurde dann im Flughafenrestaurant „Beautiful View“ oder so ähnlich bekämpft. Woher der Name jedoch kommt ist ein Rätsel. Auf der einen Fensterseite schaut man auf das Wellblechdach der Vorhalle, auf der anderen Seite bekommt man eine Baustelle vorgesetzt. Naja vielleicht war der Name ja auch ironisch gedacht, uns fehlte zumindest mittlerweile der Sinn für Humor.
Rechtzeitig ging es dann zum Einchecken. Und damit der 1. Kontrolle. Dank Sonderstempel und Vermerk sowie einem Übergangsreisepass wurden wir natürlich besonders gründlich unter die Lupe genommen und gaben uns alle Mühe die Abfertigung der Passagiere so lang wie möglich hinauszuzögern. Der freundliche Herr machte sich auch sogleich dran unsere Mappe mit den Unterlagen von Polizei, Staatsanwalt und Zoll gründlich zu untersuchen. Als langsam erste Unmutsbekundungen von den Mitreisenden aus den hinteren Reihen kamen wurde alles für gut befunden und wir durften durch den Sicherheitscheck. Nicht ohne direkt danach wieder an einer Passkontrolle zu stehen – mit erneut einem äußerst gründlichen Beamten. Das ganze Schauspiel von neuem und einigermaßen große Erleichterung als er nach langem hin und her endlich einen Stempel in die Dokumente drückte.
Im Duty-freeshop wurde sich dann noch mit Markenzigaretten für 14 Euro die Stange eingedeckt und innerlich mit diesem Land endlich abgeschlossen.
Als es in den Flieger ging wurde sich mehrfach bekreuzigt und langsam mal Revue passieren gelassen was eigentlich so passiert war. Das etwas kärgliche Frühstück bestehend aus nem Brötchen, einem Keks und einem Trinkpäckchen wurde sich fix einverleibt da ging es schon wieder in den Landeanflug nach Budapest. Hier an der Passkontrolle von einer total desinteressierten Kaline durch gewunken worden und direkt wieder an das nächste Gate anstellt. In meiner Umgebung hatte ich das seltsame Gefühl, dass alle versuchten auf Distanz zu gehen – Stinke ich oder was??
Weitere 90 Minuten später durfte der 3. Flughafen am heutigen Tage begrüßt werden. Endlich wieder in Deutschland! Kein Stress mehr mit Polizei, Zoll etc. Oder doch?
An der Gepäckausgabe konnten wir natürlich ganz locker vorbeiflanieren, hatten wir ja nix zum aufgeben gehabt. Nur 3 Plastiktüten mit insg. 3 Stangen Fluppen, Alkohol und der Beute aus der Minibar hatten wir dabei. Das rief wohl gleich die Ordnungshüter auf den Plan, so kommt schließlich niemand aus dem Urlaub. Also brav Tüten öffnen und vorzeigen. Nachdem wir erklärt hatten wie es zu diesem komischen Gepäck gekommen war noch diverse Beileidsbekundungen und gute Wünsche eingeheimst und raus.
Mit dem 5 Euro Pendelbus (Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren will darf schön umsteigen – KURWA!) zum HBF und den letzten IC nach Münster um etwa 10 Minuten verpasst. Da ich keine große Lust verspürte jetzt über 2 Stunden alleine in HH HBF rumzuhängen fuhr ich mit den anderen beiden nach Bremen, wo der gleiche Zug um 00:01 halten sollte. Die Einladung noch in Bremen zu bleiben und ein wenig Frustbewältigung in Form von Alkoholkonsum zu betreiben lehnte ich unter anderem deswegen ab weil ich mich selbst nicht mehr riechen konnte und am nächsten Tag im Gästeblock des Platzes 11 mit Sicherheit für eine Massenpanik gesorgt hätte.
70 Minuten galt es nun zu überbrücken und auch wenn Bahnhofsmaskottchen Bärbel nirgends zu sehen war, gab es doch einige Leute die sich wohl in den Kopf gesetzt hatten mir das Warten ein wenig zu verkürzen. Besonderes Highlight ein total besoffener Spinner der mit Anlauf und Kopf voraus die Bruchfestigkeit der Glastür eines Fastfoodladens überprüfte. Aber auch die Türkengang die plötzlich anfing die Unterführung in einen Boxring zu verwandeln war nicht zu verachten.
Dass der Zug fast 30 Minuten Verspätung hatte war mir nun auch total egal und um 3 lag ich endlich in den eigenen Federn. 4 Länderpunkte und viele Erfahrungen reicher, 2 Taschen voll mit Klamotten ärmer war ich wieder in heimischen Gefilden. Müßig zu erwähnen, dass ich den Zug nach HB verschlief und so mit Auto hinterher fahren musste. Ein Dank hier noch mal an den Lakai.
– LE FIN –
Anzumerken vielleicht noch ein paar Kleinigkeiten:
– Wer Paprikaschoten mag sollte nach Serbien fahren. Dort werden Atomteile an jeder Straße verkauft
– Durch den Autodiebstahl sind uns noch 2 Spiele durch die Lappen gegangen. Am Freitag stand Austria Wien, Samstag Hertha – Bremen oder Pogon Stettin – Belchatov an. Die beiden anderen hatten sich für Sonn- und Montag noch insg. 4 Spiele in Tschechien herausgesucht.
– 16 DinA4 Seiten in Schriftgröße 10 – nu is aber auch gut *g* Danke an alle die sich den Mist hier bis zu Ende durchgelesen haben.
Dieser Text ist auch in dem Buch „Anstoss in Baku“ abgedruckt worden.
[AMAZONPRODUCTS asin=“3940159042″]